Zunftbrunnen

von Carola Frese

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Zunftbrunnen (Stadtarchiv)

Der heutige Brunnen steht an einem Platz, an dem in früheren Zeiten schon einer der damals zahlreichen Brunnen stand. Der Künstler Bonifatius Stirnberg aus Aachen gestaltete ihn 1983 mit der Vorgabe das „ganze werktätige Volk symbolisch in dem Rahmen der historischen Zünfte darzustellen“. Die Figurengruppen des Brunnens zeigen die 12 Zünfte Karcher, Küfer, Tucher, Krämer, Weingärtner, Bäcker, Kürschner, Schuhmacher, Schmiede, Schneider, Metzger und Gerber, die es nach 15oo in Reutlingen gab.Die Figurengruppen zeigen entsprechende Tätigkeiten. Zu sehen sind 14 Männer und eine Frau. Die Männer „schaffen“, die Frau kauft ein.

Die Zünfte waren Dachverbände in welche die Meister aufgenommen wurden. Die Zunft schrieb Produktionsmengen, Qualität und Preise vor. Die Zulassung neuer Betriebe und Meister wurde auch geregelt. Das öffentlich-rechtliche Wirken der Zünfte bestand u.a. im Einfluss auf die Besetzung des Stadtrates. Auch gesellige Aufgaben und die Wohlfahrt wurden gepflegt.

Da Frauen in Reutlingen nicht Meisterin werden konnten, waren sie auch keine Vollmitglieder der Zunft. Aber die Zunft verpflichtete den Meister, verheiratet zu sein. Einkauf, Verkauf, Qualitätsprüfung, Buchführung, Haushaltsführung mit Versorgung von Gesinde und Lehrlingen waren meist die Arbeitsbereiche der Frau Meisterin - viel Arbeit im zünftigen Betrieb!

Die Abbildungen der zünftigen Werktätigen am Brunnen greifen leider auch nur einen Teil der ehemaligen Arbeitswelt heraus. Viele Berufe waren „unzünftige“ ,d.h. freie und meistens weibliche Berufsfelder .Sie waren keiner Zunft zugeordnet. Es wäre ein Leichtes, einen weiteren Brunnen zu gestalten. Hier einige Vorschläge dazu: Wäscherin, LohnarbeiterIn, Knecht, Magd (beim Wasserholen), Spinnerin, TotengräberIn, HändlerIn, Heilkundige, Hebamme, GastwirtIn, Bortenweberin.

Zunftbrunnen Ausschnitt:
"Frau beim Einkauf" (Stadtarchiv)