Katharina von Württemberg

von Ursula Göggelmann

Königin Katharina hat in Reutlingen nur wenige Spuren hinterlassen. Die wenigen Jahre als Königin von Württemberg (1816-1819) ließen ihr keine Zeit für einen Besuch in Reutlingen, der ehemaligen Freien Reichsstadt, die seit 1802 württembergisch ist. Nur ein Straßenname erinnert an Katharina. 1817 wird die frühere Mettmanngasse, die vom Mettmannstor (heute Tübinger Tor) zum Marktplatz führte, Katharina zu Ehren in Katharinenstraße umbenannt.

Geboren wurde sie am 21. Mai 1788 als Tochter des russischen Zaren Paul I. in der Nähe von St. Petersburg.
Genannt wurde sie nach ihrer Großmutter, Katharina der Großen. Die Enkelin hat viel mit der mächtigen Großmutter gemeinsam. Auch sie liebt Macht und Glanz, auch sie kommt bei Männern gut an. Ihr großes Lebensziel, auch einmal Kaiserin zu werden, kann sie allerdings nicht erreichen. Auf den russischen Zarenthron kommt sie nicht, weil ihre Brüder Alexander und Nikolaus in der Erbfolge vor ihr stehen. Als kaiserliche Heiratskandidaten wären nur Napoleon I. und der österreichische Kaiser Franz I. in Frage gekommen. Napoleons Werben lehnt Katharina mit Abscheu ab. Eher werde sie einen russischen Ofenheizer heiraten als ihn. Eine Ehe mit Franz I. passt nicht ins politische Konzept ihres Bruders Alexander I.
Mit 21 Jahren ( 3. August 1809 ) wird Katharina von Mutter und Bruder mit Herzog Georg von Oldenburg verheiratet. In die 3 Jahre ihrer 1. Ehe fällt der Russlandfeldzug Napoleons. Katharina mischt sich ein und stellt aus eigenen Mitteln ein Soldatenbataillon auf. Kurz nachdem ihre beiden Söhne Alexander (* 1810) und Peter (* 1812) geboren sind, stirbt Georg 1812 an Typhus. An seinem Sterbebett bricht Katharina zusammen. Um sich zu erholen, reist Katharina in den Heilbädern Europas herum. Gleichzeitig hält sie Ausschau nach einem neuen Heiratskandidaten. Sie führt dabei auch politische Gespräche mit Königen und Ministern, lernt den Freiherrn von Stein und Goethe kennen. Auf dem Wiener Kongress 1814/15 ist sie der Schwarm aller Männer. Ihr politisches Ziel ist die Stärkung ihres Bruders Alexander I. In London beginnt ein leidenschaftliches Verhältnis mit ihrem noch verheirateten Vetter, dem Kronprinzen Wilhelm von Württemberg. Nachdem Wilhelms 1. Ehe vom Papst aufgehoben war, feiern Katharina und Wilhelm am 24. Januar 1816 in St. Petersburg ihre Traumhochzeit.
Katharina kommt vom Zarenhof in ein bettelarmes Württemberg. Ihre reiche Mitgift ist daher sehr willkommen. Die ehrgeizige württembergische Prinzessin schielt immer noch danach, dass ihr Wilhelm Kaiser eines vereinten Deutschlands würde. Bekanntlich sollte ein anderer Wilhelm Kaiser werden. Am 30. Oktober 1816 stirbt ihr Schwiegervater König Friedrich, wodurch sie Königin von Württemberg wird. Am selben Tage bekommt sie ihre Tochter Marie Friederike Charlotte. Katharina wird eine überaus soziale Königin und daher in Württemberg sehr geliebt. 1817 gründet sie den Zentralen Wohltätigkeitsverein. Dieser Verein entfaltet eine fast modern anmutende Sozialarbeit in Württemberg: Hilfe zur Selbsthilfe, Beschäftigungs- und Bildungsprogramme, besonders für Frauen und Mädchen, Rettungshäuser für arme Kinder. Katharina gründet in Stuttgart eine höhere Bildungsanstalt für Mädchen, das Katharinenstift, und finanziert sie aus ihrem Privatvermögen. Auch viele andere Einrichtungen in Württemberg, deren Gründung offiziell auf ihren Ehemann Wilhelm zurückgeführt werden, gehen auf Katharinas Initiative und Finanzierung zurück: Die Gründung der ersten Württembergischen Sparkasse, einer landwirtschaftlichen Hochschule (Vorläuferin der Universität Hohenheim), das Canstatter Wasenfest als landwirtschaftliche Leistungsschau und das Katharinen-Hospital. Mitten in diese vielfältigen sozialen Aktivitäten fällt die Geburt ihrer 2. Tochter Sophie im Jahr 1818. Doch trotz dieser Aktivitäten hat Katharina düstere Gedanken und macht ihr Testament. Tatsächlich stirbt sie mit 30 Jahren am 9. Januar 1819 in Stuttgart.

Die rührselige Geschichte, dass die Todesursache eine Erkrankung gewesen sei, die Katharina sich bei einer überhasteten Kutschfahrt zur Aufdeckung einer Affäre ihres Ehemannes mit einer Hofdame zugezogen habe, ist Legende. Nicht zu bestreiten ist jedoch, dass Katharina von den Seitensprüngen ihres Mannes tief betroffen war. Typisch für das schlechte Gewissen Wilhelms ist: Er baut für Katharina ein aufwendiges Mausoleum auf dem Rotenberg mit der Aufschrift: „Die Liebe höret nimmer auf“.
Aus der verwöhnten russischen Prinzessin war eine ernst zu nehmende Sozialpolitikerin geworden, deren Leistungen bis heute bestehen: Sparkasse, Canstatter Wasen, Uni Hohenheim, Katharinen-Hospital.